Es gibt viele Kinderbücher, die den Anspruch erheben interkulturell zu sein. Der Begriff „interkulturell“ wird generell als positiv empfunden, weshalb ist nicht ganz eindeutig, aber sicher ist, dass sich dahinter der Wille manifestiert, niemanden auszugrenzen und alle Menschen in eine große Gemeinschaft aufzunehmen. Gut, das ist ein netter Gedanke, doch was steckt dahinter? Was ist ein interkulturelles Kinderbuch? Was unterscheidet diese Kinderbücher von anderen?
Das sind drei Fragen, die es nötig machen darüber nachzudenken, was interkulturell eigentlich bedeutet. Der Begriff interkulturell wird momentan inflationär benutzt, seine genaue Bedeutung wird dabei leider selten erläutert. Dementsprechend möchte ich kurz einen Eindruck vermitteln, was er bedeuten kann. Es handelt sich bei dem Begriff, um einen zusammengesetzten, inter ist eine Präposition, die aus dem Lateinischen kommt und zwischen bedeutet. Kultur ist mehr als ein Begriff, sie ist nämlich ein Konzept. Interkulturell wird im Wörterbuch mit verschiedene Kulturen verbindend bzw. umfassend erklärt. Das ist alles sehr schön, aber wirklich weiter sind wir noch nicht, weil wir nicht wissen, was es mit Kultur auf sich hat. Kultur bedeutet nichts, wenn sie alles umfasst und hier ist nicht eindeutig, was Kultur einschließt.
Gehen wir also davon aus, dass Kultur in diesem Kontext eine Zusammenfassung all der verschiedenen Lebensgewohnheiten ist, die wir unbewusst oder bewusst aus unserem sozialen Umfeld übernehmen. Das bedeutet, Kultur beschreibt eine Konstante, die sich in der Art und Weise, wie wir zivilisiert und erzogen sind, niederschlägt. Damit wird der Begriff interkulturell hinfällig, da er auch Menschen einschließt, die in mehreren Kulturen gleichzeitig aufwachsen bzw. leben.
Als interkulturelle Kinderbücher werden allgemein Bücher bezeichnet, die beispielsweise das Leben der Menschen in anderen Teilen der Erde, Schicksale von Minderheiten oder das Zusammenleben verschiedener Kulturen fiktional oder realistisch erzählen und darstellen. Es ist also klar, dass noch lange nicht klar ist, was interkulturell Kinderbücher genau sind.
Was ist mit ethnographischen Büchern, gibt es da eine Abgrenzung zu interkulturellen Kinderbüchern? Können Bücher mit rassistischem Inhalt auch als interkulturell bezeichnet werden? Sind zweisprachige oder mehrsprachige Kinder- und Jugendbücher interkulturelle Bücher?
Vermutlich muss man alle diese Bücher als interkulturelle Bücher bezeichnen, weil sie sich alle mit Kultur und Eigenschaften wie auch Charakteristika von Kulturen auseinandersetzen. Jedes Buch, das Kultur zum Thema macht, muss als Interkulturell bezeichnet werden, weil es den Vergleich mit oder zu anderen Kulturen immer ermöglicht. Natürlich gibt es Bücher wie zweisprachige Kinder- und Jugendbücher, die diesen Effekt forcieren. Das hebt sie sicher heraus, aber das macht zweisprachige oder bilinguale Kinder- und Jugendbücher nicht interkultureller.