Fremdsprachenerwerb ist Manipulation der Sprache (II.)

Es hat zu jeder Zeit Fremdsprachen gegeben wie es auch Menschen gegeben hat, die mehrere Sprachen problemlos sprachen. Das hat sich nie geändert und wird sich vermutlich nie ändern. Sprache unterscheidet Menschen oder bringt sie zusammen. In vielen Städten dieser Welt gibt es einen Irish Pub, er ist mit Sicherheit eine Anlaufstelle für alle englischsprachigen Personen und Ausländer wie auch Weltbürger auf der Reise.

Latein ist heute eine tote Sprache, aber sie war lange Zeit die Sprache des Klerus, der Gelehrten und der Herrschenden. Ähnlich war es mit Französisch, das lange eine Kultur- bzw. Hochsprache einer gewissen Gesellschaftsschicht darstellte. Heute ist vermutlich Englisch diejenige Sprache, welche die Menschen verbindet bzw. unterscheidet. Es gehört einfach dazu Englisch zu sprechen. Wer in Wissenschaft, Wirtschaft, Tourismus oder Politik Einfluss haben möchte, kommt ohne Englisch nicht aus. Es gibt zwar in den verschiedenen Sprachen Tendenzen, die versuchen Sprachwandel und den Einfluss anderer Sprachen in der eigenen möglichst klein zu halten, wie es in Frankreich und auch in Spanien den Versuch gibt das Englische zu unterdrücken bzw. englische Termini durch eigene zu ersetzen, aber das verhindert den Kontakt und den wechselseitigen Einfluss nicht. In der Linguistik spricht man in diesem Zusammenhang von Substrat-, Adstrat- und Suprastratsprachen. Je nach dem, ob eine Sprache einer anderen zugrunde liegt, neben ihr existiert oder auf sie gestülpt ist, variiert ihr Einfluss.

Sprache, Kommunikation und bewusstes Abstrahieren sind Eigenschaften, die dem Menschen eigen sind. Keine existierende Sprache kommt aus dem Nichts, oder anders ausgedrückt keine Sprache kommt ohne den Einfluss von anderen Sprachen bzw. Kulturen aus. Durch Völkerwanderungen, Kriege, Handel, Reisen, Nachbarschaft und vieles mehr gab es zu jeder Zeit Kontakt zwischen den verschiedenen Sprachen als auch ihren Kulturen. Das hat Spuren hinterlassen. Keine Sprache existiert ohne Aspekte anderer Sprachen, wie Worte und Strukturen zu reflektieren. Im Deutschen gibt es eine große Zahl von Worten, die aus dem Lateinischen, Griechischen, Französischen oder Englischen abgeleitet oder direkt übernommen worden sind. Es gibt noch viele weitere Einflüsse, auf die ich hier jedoch nicht eingehen möchte, da sie den Rahmen sprengen und vom Thema Fremdsprachenerwerb ablenken würden.

Fremdsprachenerwerb und Zweisprachigkeit bilden kein unlösbares Problem, es erfordert jedoch kontinuierliche Übung und Austausch. Es gibt dank des ständigen Kontaktes zwischen den verschiedenen Sprachen viele Worte, die in verschiedenen Sprachen gleich oder zumindest sehr ähnlich sind. Das erleichtert den Fremdsprachenerwerb.

Der Fremdsprachenerwerb verändert jedoch nicht nur die Sprache an sich, sondern vor allen Dingen den Menschen selbst. So verändert der Fremdsprachenerwerb auch den Bezug einer Person zu seiner Muttersprache. Durch das Bewusstwerden der Sprachunterschiede zwischen der Ausgangs- oder Muttersprache zur Fremdsprache achtet man stärker auf den Gebrauch der eigenen Sprache, sodass Strukturen, die man vermutlich seit Jahren unbewusst benutzt plötzlich hinterfragt werden. Das kann wiederum zu einem stärkeren oder schwächeren Gebrauch gewisser Worte, Strukturen usw. führen. Der Mensch nutzt die ihm zur Verfügung stehenden Sprachen, indem er sie zu seinen Nutzen manipuliert.

Fremdsprachenerwerb ist Manipulation des Denkens (I.)

Wenn jemand davon spricht eine Sprache zu lernen, dann ist das ein großes Vorhaben, denn eine Fremdsprache oder eine fremde Sprache zu lernen, bedeutet weit mehr als das Memorieren von Worten und Vokabeln. Eine Sprache besteht aus verschiedenen zum Teil sehr komplexen Systemen, die ineinandergreifen und die jeweilige Kultur in ihrer Entwicklung bis zum aktuellen Zeitpunkt wiederspiegeln.

Was heißt das für das Erlernen bzw. Aneignen von fremden Sprachen? Das heißt, wie oben bereits festgestellt worden ist, dass ein wörtliches Übersetzen von einer Sprache in eine andere kaum möglich ist. Da die obige Feststellung nicht sehr erklärend ist, möchte ich nun näher auf die Probleme beim Fremdsprachenerwerb eingehen. Sprache ist ein abstraktes Gebilde, das aus arbiträren Übereinkünften basiert. Das heißt, es wurde irgendwann von irgendwem willkürlich festgelegt, dass man, zum Beispiel, um eine Aussage zu treffen einen Satz formulieren müsse, der Subjekt, Prädikat und Objekt bestehe soll. Darüberhinaus wurden viele weitere Übereinkünfte getroffen, um sicherzustellen, dass die getroffenen Aussagen eine gewisse Allgemeingültigkeit haben, oder anders ausgedrückt, dass die Aussage auch wirklich verstanden werden kann.

Bei den Absprachen wird einerseits der Gebrauch bzw. die konkrete Anwendung der Sprache entscheidend und andererseits wird versucht eine Logik darzustellen. Um ein sehr plakatives Beispiel zu geben, möchte ich die Genuszuschreibung im Französischen heranziehen. In der französischen Sprache wird zwischen zwei Geschlechtern unterschieden, dem Maskulinen und dem Femininen. Wenn man nun diejenigen Substantive betrachtet, die feminin sind fällt auf, dass von diesen tendenziell mehr eine negative Bedeutung haben als maskuline Substantive, vergleiche zum Beispiel „la guerre – der Krieg, la peste – die Pest, la maladie – die Krankheit.“ Dieses Beispiel zeigt, dass Weiblichkeit mit etwas Negativem konnotiert ist oder zumindest lange Zeit war. Nichts desto trotz spiegelt sich darin ein gewisses Frauenbild, aber es geht noch weiter, denn indem ein bestimmtes Bild von der Frau gezeichnet wird, wird auch etwas über das oder die anderen Geschlechter ausgesagt. Das heißt, Maskulinum bzw. Männlichkeit wird als gut im Vergleich zur Frau wahrgenommen. Das sagt etwas über die Gesellschaft aus, es handelt sich dementsprechend allem Anschein nach um eine patriarchalische Gesellschaftsordnung. Das wiederum zeigt, welche Position und Chancen die verschiedenen Personen in der Gesellschaft haben.

Dieses eine Beispiel zeigt, wie Denken und Kultur durch Sprache festgeschrieben ist und auch, dass diese Festschreibungen nicht zwingend Sprachlernenden anderer Kulturen logisch oder autoplausibel erscheinen müssen. Natürlich gibt es in den verschiedenen Kulturen Konstanten, allein dadurch, dass es seit der Existenz von Menschen Austausch zwischen ihnen gegeben hat, aber das bedeutet eben noch nicht, dass man sich verstehet. Kulturelle Unterschiede manifestieren sich in vielen kleinen Dingen des Alltags und das macht es so schwer für viele Menschen fremde Sprachen wirklich zu erlernen. Man denke nur daran, wie oft es zu Missverständnissen zwischen Menschen kommt, welche die gleiche Sprache sprechen. Da möchte man sich lieber nicht vorstellen, wie schwer es sein muss mittels einer Fremdsprache zu kommunizieren. Damit möchte ich niemanden abschrecken oder davon abhalten eine Fremdsprache zu lernen, sondern ihn vielmehr auffordern seine Aufmerksamkeit auf die geschilderte Kultur zu richten, damit der Fremdsprachenerwerb erfolgreich wird.

Zweisprachige Bücher für Kinder und Jugendliche

Zweisprachige oder mehrsprachige Kinderbücher und Jugendbücher sind in den letzten Jahren verstärkt auf den Markt gekommen und drängen immer weiter in den Vordergrund, doch für wen werden sie gemacht und welches Ziel wird mit ihnen verfolgt?

Nun, zunächst muss festgestellt werden, dass Zweisprachigkeit ganz unterschiedlich aussehen kann. Einerseits gibt es in Deutschland einige Kinder und Jugendliche, die eine andere Muttersprache als Deutsch sprechen, für sie ist Deutsch die erste Fremdsprache. Zudem gibt es bei uns auch viele Kinder und Jugendliche, die mit zwei Muttersprachen aufwachsen, zum Beispiel, wenn Vater oder Mutter aus einem anderen Land wie Spanien oder fast jedem anderen Land kommt. Andererseits wächst in den letzten Jahren auch die Gruppe der Kinder und Jugendlichen, die regelmäßig Kontakte zu einer anderen oder fremden Sprache haben, sei es, weil sie in einen entsprechenden Kindergarten oder eine bilinguale Schule besuchen oder sei es, weil sie eine andere derartige Einrichtung besuchen.

Für all diese Kinder und Jugendliche sind zweisprachige Kinderbücher und Jugendbücher ideal, weil damit ihre Sprachkompetenzen gefördert, abgeglichen oder ausgebaut und vertieft werden kann. Spracherwerb ist ein komplexer Prozess, der in jedem Fall eine Herausforderung für den Lernenden darstellt. Zweisprachige Bücher können helfen, die Herausforderung anzunehmen, aber auch diese zu meistern. Heute wird viel über Sprachkompetenzen gesprochen und als wesentliches Ziel der frühkindlichen Pädagogik formuliert. So ist zum Beispiel bei zweisprachig aufwachsenden Kindern und Jugendlichen eine gleichmäßige Entwicklung beider Sprachen mit Hilfe von zweisprachigen Büchern erzielbar, denn oft bleibt sonst eine der Sprachen stärker als die jeweils andere.

In diesem Zusammenhang sind zweisprachige Kinderbücher und Jugendbücher eine große Hilfe. Für jeden und besonders für Kinder und Jugendliche ist es sehr schwer eine Fremdsprache oder Zweitsprache zu erlernen, wenn die Muttersprache nicht gut beherrscht wird. Das heißt, wenn die Ausgangssprache nur rudimentär gesprochen wird, wird auch die Fremdsprache nicht über ein gewisses Niveau hinaus erlernt werden können bzw. nur mit einem extremen Aufwand. Aber auch Kinder und Jugendliche, die zweisprachig aufwachsen haben oft eine aktive bzw. stärkere Sprache und eine schwächere. All diese Probleme sind vielen Autoren zweisprachiger Kinderbücher und Jugendbücher bekannt. Das heißt, die Bücher gehen auf diese Schwierigkeiten ein und bieten einen Lösungsansatz. Die Bücher richten sich folglich an ebendiese Kinder und Jugendliche mit eben diesen Schwierigkeiten, um sie zu unterstützen.

Zweisprachige oder mehrsprachige Kinderbücher und Jugendbücher wollen bei der Sprachentwicklung unterstützen. Der Lernende kann sich dank zweisprachiger Bücher gezielt mit zwei Sprachen auseinandersetzen, er kann Strukturen, Vokabular, Bedeutungen, Anwendungen und Symbole am konkreten Beispiel vergleichen und somit sein Wissen gezielt erweitern und vertiefen. Außerdem findet die Auseinandersetzung auf einer visuellen Basis statt, was bei zweisprachig aufwachsenden Kindern oft vernachlässigt wird, weil sie in der Schule hauptsächlich mit einer Sprache konfrontiert sind, die dann zur Schriftsprache wird. Die Sprachkompetenz wächst dank der zweisprachigen Bücher fast spielerisch. Zweisprachige Kinderbücher und Jugendbücher sind dementsprechend eine hervorragende Ergänzung zum gezielten Sprach-, Zweit- und Fremdsprachenerwerb.