Zweisprachigkeit, Vor- und Nachteile im Leben der Betroffenen? (4)

Zweisprachigkeit wird allgemein positiv bewertet. Klar, man spricht mehrere Sprachen, super oder? Nun, sicher ist es eine gute Sache zweisprachig zu sein oder mehrere Sprachen fließend zu sprechen. Auch die Möglichkeit quasi ohne zu in die Schule zu gehen mehrere Sprachen zu lernen, wird oft mit Neid betrachtet. 

Aber oft heißt es auch, dass man in verschiedenen Lebenssituationen eine andere Sprache spricht und nicht wirklich versteht. Es kommt manchmal zu Missverständnissen, die man nicht wirklich erklären kann. Ab und an fühlen sich zweisprachige Menschen überfordert, unsicher, unverstanden, nicht dazugehörig… 

Eine typische Situation ist, dass Mitschüler oder Kollegen einen überraschend auffordern ein Wort oder einen Begriff zu übersetzen, aber man kann es nicht. Das Problem ist häufig nicht, dass man es nicht versteht, sondern, dass es einfach verschiedene Möglichkeiten gibt und keine wirklich zu passen scheint oder man in den verschiedenen Sprachen denkt und gar nicht übersetzt. Viele Menschen können bestimmte Dinge in einer Sprache, aber in der anderen nicht, ein Beispiel sind Gegenstände des Haushalts. Obwohl ich in Spanien viel Zeit verbracht habe und die Sprache gut spreche, gibt es Dinge, die ich nicht ausdrücken kann oder kenne, als ich von einem Handwerker nach einem Besen gefragt wurde, wußte ich nicht, was er von mir wollte. Natürlich kenne ich und habe ich Besen, aber das Wort dafür in der Zweitsprache war mir nicht geläufig. Das passiert jedem in verschiedenen Situationen. Oft wird dann die Sprachfähigkeit vom Gegenüber in Frage gestellt, oder man fühlt sich dumm oder unfähig. 

Aber das ist so nicht richtig, wir benutzen verschiedene Sprachen für die jeweiligen Dinge. Unser Sprachgebrauch hängt immer auch mit unserem Tun und unserem Alltag zusammen, bestimmte Worte, Redewendungen benutzen wir einfach nicht in der einen aber in der anderen Sprache. Wenn wir in eine derartige Situation geraten, dann bemerken wir das. Aber auch wenn wir uns dessen bewusst sind und die Situation verstehen, heißt es nicht, dass wir sie erklären können. 

Bei jüngeren Kindern wird zudem oft beobachtet, dass es zu einer Art babylonischen Sprachverwirrung kommt, das ist eine Phase, die geht vorbei, kann aber in der Schule zum Beispiel zu großen Schwierigkeiten führen. Dazu muss man wissen, dass der Spracherwerb nicht gleichförmig stattfindet, sondern ab und an in Schüben, dann wieder langsam oder schnell, vielleicht kommt es manchmal auch zu einem scheinbaren Stopp, einem Abbau an Fähigkeiten, das ist schwierig, frustrierend und erfordert Disziplin und viel Durchhaltevermögen. Auch die Tagesform kann einen Einfluss auf die momentanen Fähigkeiten haben. Die Erwartungen vom Gegenüber übersteigen oft die Realität, dabei ist Geduld nötig. Viele mehrsprachige Menschen glauben nicht, dass sie einen Vorteil haben, denn sie sehen die Hürden, Schwierigkeiten und negative persönliche Erfahrungen und doch haben sie diese genommen und am Ende Erfolg. Somit ist es ein Vorteil. 

Letzten Endes können zweisprachige Menschen in zwei Sprachen und Kulturen, das heißt auch zwei Denksystemen leben. Außerdem ist es ihnen möglich zwischen den Kulturen und Sprachen zu verhandeln und zu vermitteln, das ist in einer globalen Welt ein entscheidender Vorteil. Aber es muss hier einmal klar und deutlich gesagt werden, dass das sprechen einer Sprache nicht bedeutet, dass jemand die Sprache wirklich beherrscht, dazu ist es nötig, sie auch lesen und schreiben zu können und in unterschiedlichen Situationen anwenden zu können. 

Ansichtskarten Antworten

Nach sechs langen Wochen kehrt José nach Barcelona zurück. Der Sommer neigt sich dem Ende zu uns in einer Woche soll doch tatsächlich die Schule wieder beginnen. Er kann es nicht glauben. Der Sommer in Linares de la Sierra bei Tante Tschatschi war … tja, was war er denn? Eine Erfahrung der besonderen Art, die unerwartet schön und aufregend war. Er kann es nicht besser in Worte fassen. 

Aber er freut sich auch auf Barcelona und sogar ein bisschen auf die Schule, er wird wieder in die Schule gehen können. 

Zurück in Barcelona geht er mit seinen Eltern die Treppe zur Wohnung hoch, seine Mutter schließt die Tür auf, dann gehen sie hinein. Zuhause. Neben der Tür ist eine Kommode, mit einem Spiegel und oben drauf findet José zwei Stapel mit Briefen. Ein Stapel ist für die Eltern und der andere ist für ihn. Die Briefe sind von David, er ist sprachlos. 

Während seinen Ferien bei der Tante in den Bergen Andalusiens hat er ihm regelmäßig Ansichtskarten geschrieben, aber José wußte nicht, ob sie angekommen sind. Und jetzt hat er hier so viele Briefe liegen. Er nimmt sie in die Hand und geht zu seinem Zimmer, dort beginnt er sie nach dem Datum zu sortieren, dann öffnet er den ersten. 

David hat nicht nur auf die Ansichtskarten von José geantwortet, sondern ihm auch von seinem Sommer geschrieben. Fahrradtouren und Ausflüge mit der Familie in der näheren Umgebung. José sitzt auf dem Bett und liest die Briefe von David und schaut sich die Fotos und Bilder an. 

Ansichtskarten – Tag 21

Hallo David, 

jetzt bin ich fast sechs ganze Wochen hier in Linares, ich habe neue Freundschaften geschlossen. Tante Tschatschi ist echt ne coole Frau, sie sieht zwar nicht, aber sie ist witzig und weiß so viel. Aber Übermorgen fahren wir zurück Nachhause, nach Barcelona, aber vorher wird es ein Abschiedsfest geben. Das ganze Dorf will zusammen feiern. Das hätte ich nicht erwartet, aber so ist das hier auf dem Dorf, alle feiern zusammen. 

Am kommenden Tag fahren dann Alle wieder zurück, viele von uns werden nach Barcelona fahren. Es fühlt sich komisch an, Barcelona, die Schule und alles dort scheint so weit weg. 

Ganz liebe Grüße

José

Von welchem Baum sind die Blätter? © D.S. Felix 2014
Von welchem Baum sind die Blätter? © D.S. Felix

Ansichtskarten – 3Tag 20

Hallo David, 

die Zeit hier vergeht wie im Fluge, jetzt bin ich schon so lange hier, dass es ganz normal ist hier zu sein. Wie schnell man sich doch an Veränderungen gewöhnt. Ich verbringe meine Tage hier immer gleich. Den Vormittag verbringe ich in Haus oder Garten. Nach dem Mittagessen gibt es eine Siesta, die ich in meinem Zimmer verbringe. Danach treffe ich mich mit den Nachbarn und nach dem Abendessen treffe ich mich mit den üblichen Verdächtigen, der Kuckuck ist immer mit dabei, unglaublich. Aber ich mag es, es ist ein einfaches, aber gutes Leben. 

Eine Sache, vor wenigen Tagen gab es hier ja den Waldbrand, er ist gelöscht und scheint schon vergessen. Komisch, oder? Wir wissen noch nicht wie der Brand entstanden ist und was jetzt gemacht wird. 

Ich muss los, bis bald. j

Spanische Eiche in Andalusien by D.Schönfeld

Homeschooling – Lernen lernen

Bildung ist die beste Möglichkeit, um soziale Unterschiede auszugleichen, Selbstverwirklichung zu ermöglichen und eine persönliche Entwicklung in und mit der Gesellschaft zu verwirklichen. Der Mensch ist fähig sich anzupassen und Probleme abstrakt und kreativ zu lösen, dazu muss er vorbereitet werden. Bildung in der Schule hat daran einen entscheidenden Anteil. 

Seit geraumer Zeit gibt es Überlegungen und Diskussionen, wie das Bildungssystem und die Bildungsziele so angepasst werden können, dass die Schüler fit für die Zukunft gemacht werden. Das ist keine einfache Aufgabe. Dafür gibt es zahlreiche Gründe, einerseits muss eine Projektion in die Zukunft stattfinden, andererseits müssen Ziele formuliert werden. 

Aktuell muss ein Weg gefunden werden, digitales Lernen so zu verwirklichen, dass alle Kinder, Jugendliche und auch Erwachsene sich weiterbilden können, denn klar, Bildung und Lernen beginnt nicht erst in der Schule und endet auch nicht mit ihr. Nichts desto trotz ist das Lernen in der Schule ein wesentlicher Teil der Ausbildung. 

Wenn vor der Corona-Pandemie das analoge Lernen in der Schule stattfand, so muss es heute verstärkt einen digitalen Anteil haben, weil die Gruppenarbeit in der Schulklasse nicht immer garantiert werden kann. Die technischen Voraussetzungen sind eins, aber es gibt noch weitere Hürden. Trotz Studien, Theorien, Entwicklung von besonderen Anwendungen mit Plattformen und APPs, scheint es noch kein wirklich zielführendes Konzept zu bestehen, das online Unterricht ermöglicht und das Lernen online sicherstellt. 

Dabei gibt es für die unterschiedlichen Altersgruppen und Lernprofile viele Angebote, die in Zusammenarbeit mit Neurologen, Psychologen, Pädagogen, Informatikern und diversen Spezialisten der verschiedenen Bereiche entwickelt werden oder worden sind. Es gibt aber scheinbar eine Komponente, die unbekannt ist und den Erfolg all der kleveren Lösungen minimiert und das klassische Schul-Lern-System unerlässlich macht. Anders ausgedrückt, das Lernen kann durch digitale Anwendungen unterstützt werden, aber es kann es noch nicht von den analogen Vorgehensweisen ändern. 

Eine der entscheidenden Techniken, die jeder, zum Lernen benötigt ist das Lesen, Leseförderung ist entscheidend, es gibt Fibeln, die beim Lesenlernen helfen. Daneben gibt es beispielsweise Apps und Videospiele, die Laute und Buchstaben verbinden, das kann eine Motivation zum Lernen bieten, aber die analoge Praxis nicht ersetzen. Genauso gibt es viele unterschiedlich aufgearbeiteten Informationen, die es ermöglichen alle erdenklichen Dinge zu lernen, aber das Lernen muss jeder nach wie vor analog lernen. 

Ansichtskarten – Tag 10

Hallo David, 

hier ist es schön, aber irgendwas fehlt, ich weiß nicht genau was, aber … Das Komische ist, mir kommt das aktuelle Leben altertümlich oder einfach nicht modern vor, wie muss das alles vor 50 Jahren gewesen sein?! Schau dir nur die Bilder an. 

Ich grüße dich. Dein José

Ansichtskarten – Tag 9

Hallo David, 

Tante Tschatschi hat mir heute aus ihrem Leben erzählt. Es ist unglaublich, aber das Leben hier hat sich sehr verändert… als meine Eltern hier die Ferien verbracht haben, gab es weder Strom noch fließendes Wasser in den meisten Häusern. Unglaublich! Es gibt 2 Brunnen im Dorf, dort haben die Frauen Wäsche gewaschen. Aber ich habe gestern eine Frau gesehen, die etwas gewaschen hat… ob sie wohl schon fließendes Wasser hat?

Bis bald. Dein José

Ansichtskarten – Tag 8

Hallo David,

Heute haben wir einen Ausflug gemacht, wir waren in der Stadt, da gibt es eine Burgruine und mit einer Kirche … das haben die Tempelritter gebaut … unglaublich, das hätte dir sicher gefallen. Ich habe daran denken müssen, was du mir von den Burgen in deiner Heimat geschrieben hast. Das ist super spannend.

Viele Grüße

José

Ansichtskarten – Tag 7

Hallo David,

Nun bin ich schon fast eine Woche hier, ich war jeden Tag in den Bergen, es ist so anders und doch auch nicht. Momentan findet die Korkernte statt, viele Bäume sind frisch geschält, Esel transportieren den Kork ins Tal und dort wird er aufgeschichtet bis er mit dem LKW abgeholt wird… Tante Tschatschi ruft…

bis später. j

Ansichtskarten – Tag 6

Hallo David,

Es gibt hier auch viele Katzen, ich mag Katzen, aber Zuhause ist es unmöglich ein Haustier zu haben, meine Eltern möchten es nicht. Das kennst du ja… Aber hier gibt es viele Tiere, sie leben draußen oder in Schuppen. Haustiere kommen nicht ins Haus. Ich füttere eine kleine schwarze Katze, sie ist lustig und macht nur was sie will. Ich nenne sie Chuzpa… 

viele Grüße. j