Zweisprachigkeit wird allgemein positiv bewertet. Klar, man spricht mehrere Sprachen, super oder? Nun, sicher ist es eine gute Sache zweisprachig zu sein oder mehrere Sprachen fließend zu sprechen. Auch die Möglichkeit quasi ohne zu in die Schule zu gehen mehrere Sprachen zu lernen, wird oft mit Neid betrachtet.
Aber oft heißt es auch, dass man in verschiedenen Lebenssituationen eine andere Sprache spricht und nicht wirklich versteht. Es kommt manchmal zu Missverständnissen, die man nicht wirklich erklären kann. Ab und an fühlen sich zweisprachige Menschen überfordert, unsicher, unverstanden, nicht dazugehörig…
Eine typische Situation ist, dass Mitschüler oder Kollegen einen überraschend auffordern ein Wort oder einen Begriff zu übersetzen, aber man kann es nicht. Das Problem ist häufig nicht, dass man es nicht versteht, sondern, dass es einfach verschiedene Möglichkeiten gibt und keine wirklich zu passen scheint oder man in den verschiedenen Sprachen denkt und gar nicht übersetzt. Viele Menschen können bestimmte Dinge in einer Sprache, aber in der anderen nicht, ein Beispiel sind Gegenstände des Haushalts. Obwohl ich in Spanien viel Zeit verbracht habe und die Sprache gut spreche, gibt es Dinge, die ich nicht ausdrücken kann oder kenne, als ich von einem Handwerker nach einem Besen gefragt wurde, wußte ich nicht, was er von mir wollte. Natürlich kenne ich und habe ich Besen, aber das Wort dafür in der Zweitsprache war mir nicht geläufig. Das passiert jedem in verschiedenen Situationen. Oft wird dann die Sprachfähigkeit vom Gegenüber in Frage gestellt, oder man fühlt sich dumm oder unfähig.
Aber das ist so nicht richtig, wir benutzen verschiedene Sprachen für die jeweiligen Dinge. Unser Sprachgebrauch hängt immer auch mit unserem Tun und unserem Alltag zusammen, bestimmte Worte, Redewendungen benutzen wir einfach nicht in der einen aber in der anderen Sprache. Wenn wir in eine derartige Situation geraten, dann bemerken wir das. Aber auch wenn wir uns dessen bewusst sind und die Situation verstehen, heißt es nicht, dass wir sie erklären können.
Bei jüngeren Kindern wird zudem oft beobachtet, dass es zu einer Art babylonischen Sprachverwirrung kommt, das ist eine Phase, die geht vorbei, kann aber in der Schule zum Beispiel zu großen Schwierigkeiten führen. Dazu muss man wissen, dass der Spracherwerb nicht gleichförmig stattfindet, sondern ab und an in Schüben, dann wieder langsam oder schnell, vielleicht kommt es manchmal auch zu einem scheinbaren Stopp, einem Abbau an Fähigkeiten, das ist schwierig, frustrierend und erfordert Disziplin und viel Durchhaltevermögen. Auch die Tagesform kann einen Einfluss auf die momentanen Fähigkeiten haben. Die Erwartungen vom Gegenüber übersteigen oft die Realität, dabei ist Geduld nötig. Viele mehrsprachige Menschen glauben nicht, dass sie einen Vorteil haben, denn sie sehen die Hürden, Schwierigkeiten und negative persönliche Erfahrungen und doch haben sie diese genommen und am Ende Erfolg. Somit ist es ein Vorteil.
Letzten Endes können zweisprachige Menschen in zwei Sprachen und Kulturen, das heißt auch zwei Denksystemen leben. Außerdem ist es ihnen möglich zwischen den Kulturen und Sprachen zu verhandeln und zu vermitteln, das ist in einer globalen Welt ein entscheidender Vorteil. Aber es muss hier einmal klar und deutlich gesagt werden, dass das sprechen einer Sprache nicht bedeutet, dass jemand die Sprache wirklich beherrscht, dazu ist es nötig, sie auch lesen und schreiben zu können und in unterschiedlichen Situationen anwenden zu können.