Zweisprachigkeit – Gedanken (6)

Zweisprachigkeit steht in einem Wechselverhältnis zu Identität und Kultur einer Person. Das heißt, eine Person, die zweisprachig ist und in zwei Sprachen kommunizieren kann, muss verschiedene Grundvoraussetzungen erfüllen, damit die Kommunikation in den zwei Sprachen gelingt und die Person wirklich als zweisprachig gelten kann. 

Um dies zu verdeutlichen muss als erstes definiert werden, was Sprache ist. Sprache ist ein sich stetig wandelndes kulturelles Konstrukt. Worte bedeuten an sich nichts, erst durch den Kontext erhalten sie von uns eine Bedeutung zugewiesen. In anderen Worten das Wort Tisch ist bedeutungslos, erst die Übereinkunft, dass wir mit Tisch einen bestimmten Gegenstand beschreiben, macht ihn zu dem uns bekannten Ding. Bei Gegenständen ist die Situation relativ einfach, aber es gibt viele andere Phänomene in unserer Sprache, die wir als gegeben hinnehmen, die aber kulturelle Übereinkünfte sind. Wir erlernen viele Aspekte in unserer Muttersprache unreflektiert, beim Fremdsprachenerwerb ist das anders, hier suchen wir plötzlich nach dem warum… „Sprachigkeit“ bzw. Sprachfähigkeit ist dementsprechend die Gesamtheit der Fähigkeiten, die uns ermöglichen eine Sprache so zu sprechen, dass sie der erfolgreichen Kommunikation dient. 

Selbstverständlich ist es möglich diese kulturellen Fähigkeiten in mehreren Sprachen zu erlernen. Manche Menschen wachsen in einem Haushalt mit unterschiedlichen Sprachen auf, oder eine Familie lebt im Ausland und die Sprache in der Familie unterscheidet sich von der bei der Arbeit, in der Schule und den Mitmenschen. Die Gründe für eine Mehrsprachigkeit können unterschiedlich sein, es ist auch nicht notwendig, dass von der Geburt an zwei Sprachen erlernt werden. Die Anforderungen an den Sprecher bleiben aber immer die gleichen: das Ziel der erfolgreichen Kommunikation. 

Zweisprachigkeit beinhaltet dementsprechend das Verstehen und Leben von zwei Kulturen, das hat Auswirkungen auf die Identität der Person. Denn das Erleben unterschiedlicher Kulturen erweitert einerseits den Horizont, zeigt Dinge, Perspektiven und Aspekte, die von der anderen Sprache aus ganz anders aussehen. Manche Menschen sehen ehr die Gemeinsamkeiten und weniger die Unterschiede. Wieder andere Menschen erleben eine Art Spaltung der Persönlichkeit, sie verbinden bestimmte Aspekte mit der einen Sprache und andere mit einer anderen Sprache. Es ist oft zu beobachten, dass in nur einer Sprache gezählt und gerechnet wird, aber das lässt sich um weitere Situationen erweitern, z.B. mit Ärzten oder Behörden zu sprechen. 

Lesen während der Corona-Pandemie

Seit Jahren hören wir immer die gleiche Leier, es wird zu wenig gelesen, Kinder und Jugendliche sollen mehr lesen und wir haben keine Ahnung, wie wir sie um Lesen bekommen. Nun, steht in der Stuttgarter Zeitung geschrieben, dass die Zeit, die Jugendliche im Jahr von Covid19 mit dem Lesen verbringen um 20 Minuten gestiegen ist. Hurra. Endlich ist das Ziel erreicht?  

Nun, ganz so optimistisch ist die Situation dann doch nicht. Es wird nichts darüber gesagt, ob mehr Jugendliche lesen, sondern nur, dass länger gelesen wird. De Frage, wie Jugendliche zum Lesen motiviert werden können, ist und bleibt nach wie vor unbeantwortet. Die gute Nachricht ist, dass viele 12 bis 19’Jährigen fast täglich zum Buch greifen, aber der Anteil der Leser im Verglich zu den Nichtlesern hat sich nicht und wenn kaum verändert. 

Es ist und bleibt eine große Aufgabe Kinder und Jugendliche fürs Lesen zu begeistern. Viele kleine und größere Verlage haben ein Buchsortiment, dass Lesen fördern möchte, da wird auf Interessen und Schwierigkeiten von Lesern eingegangen. Im Friedrich-Maerker-Verlag werden diesbezüglich zweisprachige Wendebücher und Nacherzählungen von Klassikern angeboten. Es ist eine Aufgabe für die ganze Gesellschaft und das schließt neben den Eltern und Lehrern auch alle anderen Menschen ein. Es gibt die Stiftung Lesen und vielfältige Initiativen, um zu motivieren und Interesse zu wecken. Die Auswahl an Textsorten, Themen und auch Sprachen ist sehr vielfältig, da kann für jedes Kind ein Buch gefunden werden. Zudem gibt es neben Büchern, Lesehefte und vielfältige digitale Angebote. 

Ein Problem ist, dass es häufig an der Lesekompetenz scheitert. Dieser Mangel findet sich bei den Kindern, aber oft schon bei den Eltern, damit sich die Schwierigkeiten nicht fortsetzen, ist es wichtig, dass dem Lesen mehr Aufmerksamkeit gewidmet wird. Dazu aber in einem kommenden Beitrag mehr. 

Der Friedrich-Maerker-Verlag ist ein kleiner regionaler Verlag, der Leseförderung und Sprachförderung verbindet. Im Sortiment finden sich Kinder- und Jugendbücher, die sich besonders dadurch auszeichnen, dass Sie zweisprachig sind. Da gibt es Kinderbücher in 14 verschiedenen Sprachen! Da finden sich auch Lektüren für Kinder mit Migrationshintergrund und solchen, die Deutsch lernen.  

Jederzeit, überall und mit Jedem… lesen

Wenn es um Lesen geht, dann merkt man schnell, es gibt Leser und Nichtleser, dies Zweiteilung läuft durch die Gesellschaft. Aber das geht noch weiter, denn es handelt sich beim Lesen einerseits um eine Kulturfähigkeit und Routine, andererseits aber auch um eine Geisteshaltung. Klar diese Aspekte trennen die Menschen. Das wirkt sich auf das ganze Leben eines Menschen aus. Angemerkt sei in diesem Zusammenhang nur, dass bekannt ist, dass erfolgreiche Menschen lesen und sich mit Büchern und anderen lesenden Menschen umgeben, während die andere Gruppe das nicht tut. 

Ein Ritual, das mir im Zusammenhang mit Lesen gut gefällt, ist das Lesen vor dem Schlafen. Seit eh und je lesen viele Eltern und Großeltern dem Nachwuchs, der noch zu klein zum selber Lesen ist, vor dem Schlafen Märchen und Geschichten vor. Das ist eine gute Zeit zum Lesen, die sich bewährt hat. Oft lesen Kinder, denen vorgelesen wurde selbst später auch am Abend. Persönlich lese ich jeden Abend vor dem Schlafen, schon im Bett liegend viel. Aber es ist nicht die einzige Tageszeit, die ich zum Lesen nutze. Auch nach dem Mittagessen, wenn ich mich etwas ausruhe, bevor ich wieder in die eine oder andere Richtung aktiv werde, lese ich. 

Ich gehöre zu den so genannten Viellesern, je nach Tageszeit und Tag lese ich mehr oder weniger. Klar, wenn ein Feiertag ist oder ich Ferien habe, dann habe ich mehr Zeit zum Lesen. An manchen Tagen bin ich unterwegs, wandere oder treffe mich mit Freunden, dann werde ich natürlich den Tag anders gestalten und auch meine Lesegewohnheiten unterscheiden sich dann etwas. Trotzdem werde ich es nicht versäumen, in die verschiedenen Tageszeitungen zu schauen und zumindest vor dem Schlafen ein paar Seiten oder Kapitel lesen. 

Viele der Bücher, Zeitschriften und Zeitungen, die ich lese, wähle ich selbst aus, manche bekomme ich geschenkt, andere empfohlen und viele begegnen mir scheinbar zufällig. Bücher und Zeitschriften werden unter Freunden oft weitergegeben oder zumindest weiterempfohlen. Ich lese auch in einem Buchklub mit Freundinnen zusammen immer wieder verschiedene Bücher, das bringt oft Überraschungen. Es gibt so viele tolle Bücher, die ich allein nie finden würde. Außerdem sprechen wir immer über die Bücher, die wir zusammen lesen und diskutieren sowohl die Bücher, als auch den Inhalt. Manches Bücher können sich so einem erst erschießen, denn manchmal liest man ein Buch und übersieht etwas. Das macht mir großen Spaß. 

Leseförderung ist richtig und wichtig. Die beste Leseförderung scheint das Vorbild zu sein, Kinder aus Elternhäusern mit Lesern werden später auch zu Lesern. Kindern, denen vorgelesen wurde, werden auch selbst Lesern. Es gibt aber auch diejenigen, die es sich selbst angewöhnt haben, die Gründe sind dabei sehr verschieden. 

Falsch ist es das Lesen auf eine andere Zeit, wenn Ferien sind, wenn es draußen kalt und ungemütlich wird, wenn man nicht rausgehen darf oder auf eine andere ferne Zeit zu verschieben. Natürlich erscheinen im Herbst und im Frühjahr verstärkt Bücher, da finden einfach die Buchmessen mit Veröffentlichungen statt. Jetzt im Herbst gerade im Hinblick auf die Corona-Pandemie können wir mehr lesen, nein, das ändert nichts, lest nicht, weil ein Ausnahmezustand herrscht, sondern um des Lesens Willen. 

Ansichtskarten Antworten

Nach sechs langen Wochen kehrt José nach Barcelona zurück. Der Sommer neigt sich dem Ende zu uns in einer Woche soll doch tatsächlich die Schule wieder beginnen. Er kann es nicht glauben. Der Sommer in Linares de la Sierra bei Tante Tschatschi war … tja, was war er denn? Eine Erfahrung der besonderen Art, die unerwartet schön und aufregend war. Er kann es nicht besser in Worte fassen. 

Aber er freut sich auch auf Barcelona und sogar ein bisschen auf die Schule, er wird wieder in die Schule gehen können. 

Zurück in Barcelona geht er mit seinen Eltern die Treppe zur Wohnung hoch, seine Mutter schließt die Tür auf, dann gehen sie hinein. Zuhause. Neben der Tür ist eine Kommode, mit einem Spiegel und oben drauf findet José zwei Stapel mit Briefen. Ein Stapel ist für die Eltern und der andere ist für ihn. Die Briefe sind von David, er ist sprachlos. 

Während seinen Ferien bei der Tante in den Bergen Andalusiens hat er ihm regelmäßig Ansichtskarten geschrieben, aber José wußte nicht, ob sie angekommen sind. Und jetzt hat er hier so viele Briefe liegen. Er nimmt sie in die Hand und geht zu seinem Zimmer, dort beginnt er sie nach dem Datum zu sortieren, dann öffnet er den ersten. 

David hat nicht nur auf die Ansichtskarten von José geantwortet, sondern ihm auch von seinem Sommer geschrieben. Fahrradtouren und Ausflüge mit der Familie in der näheren Umgebung. José sitzt auf dem Bett und liest die Briefe von David und schaut sich die Fotos und Bilder an. 

Ansichtskarten – Tag 21

Hallo David, 

jetzt bin ich fast sechs ganze Wochen hier in Linares, ich habe neue Freundschaften geschlossen. Tante Tschatschi ist echt ne coole Frau, sie sieht zwar nicht, aber sie ist witzig und weiß so viel. Aber Übermorgen fahren wir zurück Nachhause, nach Barcelona, aber vorher wird es ein Abschiedsfest geben. Das ganze Dorf will zusammen feiern. Das hätte ich nicht erwartet, aber so ist das hier auf dem Dorf, alle feiern zusammen. 

Am kommenden Tag fahren dann Alle wieder zurück, viele von uns werden nach Barcelona fahren. Es fühlt sich komisch an, Barcelona, die Schule und alles dort scheint so weit weg. 

Ganz liebe Grüße

José

Von welchem Baum sind die Blätter? © D.S. Felix 2014
Von welchem Baum sind die Blätter? © D.S. Felix

Ansichtskarten – 3Tag 20

Hallo David, 

die Zeit hier vergeht wie im Fluge, jetzt bin ich schon so lange hier, dass es ganz normal ist hier zu sein. Wie schnell man sich doch an Veränderungen gewöhnt. Ich verbringe meine Tage hier immer gleich. Den Vormittag verbringe ich in Haus oder Garten. Nach dem Mittagessen gibt es eine Siesta, die ich in meinem Zimmer verbringe. Danach treffe ich mich mit den Nachbarn und nach dem Abendessen treffe ich mich mit den üblichen Verdächtigen, der Kuckuck ist immer mit dabei, unglaublich. Aber ich mag es, es ist ein einfaches, aber gutes Leben. 

Eine Sache, vor wenigen Tagen gab es hier ja den Waldbrand, er ist gelöscht und scheint schon vergessen. Komisch, oder? Wir wissen noch nicht wie der Brand entstanden ist und was jetzt gemacht wird. 

Ich muss los, bis bald. j

Spanische Eiche in Andalusien by D.Schönfeld

Ansichtskarten – Tag 19

Hallo David, 

und es brennt immer noch. Vorhin war ich beim Kuckuck, seine Mutter hatte den Fernseher an, die Bilder waren schrecklich, das ganze Gebiet ist rot und schwarz und es gibt so viel Rauch. Viele Menschen mussten ihr Zuhause verlassen, wegen den Flammen, aber auch wegen dem Rauch. Aber gleichzeitig kommen jetzt Politiker, ich kenne sie nicht, aber sie werden im Fernseher mit weißem Hemd gezeigt. Ein Tierheim sucht für seine Hunde eine Unterkunft, sie müssen vor dem Feuer fliehen. Bauern bringen ihre Tiere in Sicherheit, aber was ist mit den Waldtieren? 

liebe Grüße j

Waldbrand by D.Schönfeld 2020

Ansichtskarten – Tag 18

Hallo David,

der Wind macht die Löscharbeiten schwierig… jetzt ändern sich die Gespräche in der Bar, sie reden von Eukalyptus, der Mine und manche sagen, dass der Brand absichtlich gelegt worden sei. Stell dir das mal vor, da sind bis jetzt über 10.000 Hektar verbrannt. 

Heute war ich mit dem Kuckuck spazieren. Es war soooo lustig, wir haben 3 Hunde getroffen, einen habe ich Fipps genannt, ein Welpe, er hat immerzu gefiept. Aber soooo süß, ich hätte so gerne einen Hund. Leider darf ich keinen Hund haben. 

Bis bald, dein José

Waldbrand Almonaster by D. Schönfeld 2020

Ansichtskarten – Tag 16

Hallo David,

Alle im Ort sind nervös, weil es einen Waldbrand in der Nähe gibt. Tante Tschatschi hat keinen Fernseher, aber in der Bar läuft er den ganzen Tag… die Bilder sind wie aus der Hölle. Außerdem kann ich Helikopter in der Luft hören und auch sehen, die Helikopter haben einen Wasserbehälter und fliegen zum Brand. Es ist irgendwie komisch, alle rede nur vom Waldbrand. 

Ich berichte… viele Grüße j

Hauseingang by D.Schönfeld 2020

Ansichtskarten – Tag 15

Hallo David,

ich glaube Tante Tschatschi hat recht, ich hatte einen Sonnenstich, aber sonst ist sie etwas komisch. Die Tante hat in der Vorratskammer viele Würste von der Decke hängen die sind vom Schlachtfest und die müssen noch trocken, sagt sie… und sie hat Ansichtskarten, komisch, sie ist doch blind. Da sieht man Szenen aus dem Leben der Menschen im Dorf. Ich muss los, ich will mit dem Kuckuck schwimmen gehen. 

Viele Grüße. j

Abendspaziergang by D.Schönfeld 2020